Technikzukünfte in der deutschsprachigen Science-Fiction-Literatur. Literaturwissenschaft als soziale Praxis


Was zeichnet das Lehrmuster aus?

Das geplante Praxisprojekt richtet sein Augenmerk primär auf die in der deutschsprachigen Science-Fiction-Literatur beschriebenen Technikzukünfte, um die Bedeutungsdimension und Funktion der in der SF-Literatur entworfenen Technikzukünfte für aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen zu erkunden. Dabei sollen auch Formen der Produktion, Distribution und Rezeption von deutschsprachiger SF-Literatur mit in die Betrachtung einbezogen werden, indem einschlägige Autorinnen und Autoren zu Workshops, Blockveranstaltungen und Lesungen eingeladen werden, um Einblick in deren Schreibwerkstatt bzw. Arbeitspraxis zu geben. Zugleich sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Fachdisziplinen (z. B. Zukunftsforschung, Soziologie, Robotik etc.) an dem Lehrformat mittels Impulsvorträgen und Gesprächen partizipieren, um eine produktive und interdisziplinäre Diskussion über die gesellschaftliche Relevanz von SF-Literatur zu initiieren.



Fakten im Überblick:

In welcher Form existiert eine Präsenzphase?
Einzeltermine

In welchen Zeitraum wird das Lehrmuster durchgeführt?
Während Vorlesungszeit

Wird das Lehrmuster über einen Zeitraum von mehreren Semester durchgeführt?
Ja (2 Semester)

Welchen Umfang hat das Lehrmuster?
Creditpoints: 7
Teilnehmerzahl: 51

In welchem Studienabschnitt ist das Lehrmuster angesiedelt?
Bachelor (Profilierungsphase)

In welcher Art ist das Lehrmuster curricular verankert?
Wahlmodul

Worum geht es in dem Lehrmuster insbesondere?
Selbstständiges Arbeiten am Text / an Quellen / an Fällen / an Daten, Selbstständiges Experimentieren, Wissenschaftliches Schreiben und / oder Diskutieren


Welche Zielsetzung hat das Lehrmuster?

Indem Praxisakteure aus verschiedenen Wissensdisziplinen aktiv in das Lehrformat eingebunden werden, soll nicht nur allgemein die Urteilskraft von Studierenden hinsichtlich komplexer Gegenwartsphänomene gestärkt, sondern auch am Kompetenzaufbau kultureller Diagnostik gearbeitet werden. Gleichzeitig soll damit die für das Seminar angedachte Form des prozesshaften Lernens intensiviert und sollen die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer zu eigenständigen Forschungsvorhaben disponiert werden. Dabei zielt das Lehrprojekt zugleich auf die Förderung von Schreib- und Methodenkompetenzen wie auch auf die Stärkung von rhetorischen Fähigkeiten der Studierenden. Dazu sollen z.B. die Prozesse und Formen des Schreibens sowie Präsentationspraktiken bis hin zu einem veröffentlichungs- bzw. präsentationsreifen Forschungsbeitrag intensiv begleitet werden. Zugleich werden durch die oben beschriebene Einbeziehung von Praxisakteuren die methodischen Fähigkeiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer insbesondere im Bereich der Kreativitätstechniken geschult, um innovative Lösungsansätze zu generieren. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch die von den Studierenden in Eigeninitiative organisierten und moderierten Veranstaltungen (Workshops mit Autorinnen und Autoren, Lesungen, Diskussionsrunden, Vorträge von Gästen aus anderen Wissensgebieten, Abschlusstagung etc.). Dabei sollen ebenfalls neue, vielleicht auch außeruniversitäre Räume der Vermittlung und Präsentation von Wissen erkundet und erschlossen werden, z.B. durch die Gestaltung einer Abschlusstagung zum Thema. Zugleich wird durch diese öffentliche Präsentation der Forschungsergebnisse ein Forum geschaffen, das durch Gespräche und Diskussionen weitere Forschungsimpulse setzen soll. Auf diesem Weg sollen auch durch den stetigen Austausch im Seminar und die bewusste Intensivierung der Zusammenarbeit unter den Studierenden offene und durchsichtige Strukturen geschaffen werden, die den Lernprozess stärken. Auch die beabsichtigten Gespräche mit Autorinnen und Autoren sowie Gästen aus anderen Wissensgebieten sollen dies noch einmal unterstützen. Die starke Projektorientierung des zu entwickelnden Lehrkonzepts fördert zusätzlich eine Vielzahl an allgemeinen kommunikativen Kompetenzen und soft skills (Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit, Eigenverantwortung, Zeitmanagement, Blick auf die soziale Praxis etc.), die für den weiteren Studienfortgang genutzt werden können.



Was sind wesentliche Inhalte des Lehrmusters?

Im Mittelpunkt des zweisemestrigen Seminars stehen u. a. folgende in der der modernen SF-Literatur aufscheinenden Technikdiskurse: moderne Biotechnologien, Nanotechnologie, Biohacking und Cyborgisierung des Menschen, Digitalität, Virtuelle Realitäten, Künstliche Intelligenz, Mind Uploading, Robotik. Im Rahmen des Praxisprojekts werden anhand der Lektüre und der Gespräche mit Autorinnen und Autoren sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anderer Wissensdisziplinen folgende Fragestellungen behandelt: Wie sind die in der SF-Literatur aufscheinenden Narrative und Imaginationsräume gestaltet, die die vielfältigen Beziehungen des Menschen zu imaginierten Technologien bzw. Maschinen zur Sprache bringen? Wie lässt sich Technik überhaupt erzählen, extrapolieren und imaginieren? Welche Bedeutung besitzen die in der SF-Literatur aufscheinenden Technikdiskurse für unsere Gegenwart? Neben der intensiven Lektüre und Besprechung ausgewählter SF-Romane und SF-Erzählungen, werden im Rahmen des Seminars und der Abschlusstagung – wie oben angedeutet – weitere Impulse durch Lesungen/Gespräche mit Autorinnen und Autoren als auch Vorträge von z. B.  Zukunftsforscherinnen und Zukunftsforschern gesetzt.





Weitere Lehrmuster:

Praxistage
Technikzukünfte in der deutschsprachigen Science-Fiction-Literatur. Literaturwissenschaft als soziale Praxis
Praxisseminar Innovationsmanagement
Digitale Methoden in der Klassischen Philologie: „Dyskolos“ digitial





Wie ist das Lehrmuster strukturiert?

Aufgrund seiner Themenvielfalt ist das Seminar auf zwei Semester konzipiert: Im ersten Semester findet das Seminar zunächst im wöchentlichen Turnus von zwei Stunden statt, um die theoretischen bzw. methodischen Grundlagen (Schreibweisen der SF-Literatur, Forschungsstand) zu schaffen, auf die im weiteren Verlauf des Seminars immer wieder zurückgegriffen wird. Nachfolgend werden zeitintensivere Treffen von 4 bis 6 Wochenstunden angesetzt, um die oben beschriebenen Praxis-Bausteine zu gestalten (Workshop und Blockveranstaltungen mit deutschen Autoren und Autorinnen; Impulsvorträge von Gästen aus anderen Wissenschaftsdisziplinen; Exkursionen; Gestaltung von Lesungen mit abschließender Diskussion; Ausrichtung einer Abschlusstagung mit Gästen etc.). Zugleich bildet dieser zweite Abschnitt auch den Beginn studentischer Projekt- und Eigenarbeitsphasen, um einen Forschungsbericht zu erstellen, der im Rahmen einer Abschlusstagung präsentiert werden soll. Der interaktive Charakter des Seminars soll hier durch gezielte Projektarbeit sowie Einbeziehung von Praxispartnern und Exkursionen zu außeruniversitären Kulturinstitutionen gefördert werden. Dabei steht die individuelle und intensive Betreuung einzelner Forschungsprojekte im Vordergrund. Mit der geplanten Einbeziehung von Praxisakteuren sollen dabei gezielt weitere Impulse für die einzelnen Projekte gesetzt und der Austausch sowie die Vernetzung intensiviert werden. In einem abschließenden Schritt sollen die Forschungsergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit im Rahmen einer Tagung präsentiert werden, um (über das Seminar hinaus) weitere Diskussionen anzustoßen und das dort erfolgte Feedback in die Forschungsvorhaben nachträglich zu integrieren.



Welches Prüfungsform ist in dem Lehrmuster vorgesehen?

Neben den üblichen Leistungsnachweisen (mündliche Prüfung, schriftliche Hausarbeit) erarbeiten die Lernenden während der Semester (kollaborativ) Lernergebnisse, die dann dem gesamten Kurs Seminar vorgestellt und auch per Moodle zur Verfügung gestellt werden. Es entstehen so zum Beispiel: Leseprotokolle, Präsentationen, Kurzreferate, kuratierte Linklisten, Analysen und Diskussionen von Texten, Präsentationen etc. Diese im Laufe des Seminars entstehenden Lernergebnisse bieten dabei eine gute Leistungskontrolle und können zudem am besten in einem (E-)Portfolio gesammelt werden. Zudem werden konkrete Arbeitsaufgaben an den ganzen Kurs gestellt, die als Vor- bzw. Nachbereitung des Seminarinhalts dienen.



Welche E-Learning-Elemente werden eingesetzt?

Vorwiegend werden zur Gestaltung des Projekts Zoom und Moodle genutzt. Entsprechende Unterrichtsmaterialien in verschiedenen Medien-Formaten (Text, Video, Podcast, URL bzw. Link) können so mühelos zur Verfügung gestellt werden. Dabei werden vorwiegend Blended-Learning-Verfahren eingesetzt, um Präsenzanteile mit E-Learning-Anteilen (Moodle, Zoom) zu verbinden. Unter anderem werden Learning Communitys bzw. Austauschforen und  -chats gebildet, um den „Lernstoff“ zu bewältigen und „Expertengruppen“ für einzelne Seminarsitzungen mit Autorinnen und Autoren sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus anderen Wissensdisziplinen zu erstellen. Die Plattform Moodle bietet zudem die Möglichkeit, die Ergebnisse einzelner Lerngruppen zeitnah dem gesamten Kurs zur Verfügung zu stellen. Da einzelne Sitzungen mitgezeichnet werden, kann der Lernstoff durch wiederholte Sichtung vertieft werden. Zugleich bietet Zoom die Möglichkeit, bestimmte Themen durch Fotos, Videos etc. zu „bebildern“, was sich gerade bei der Thematik Technikzukünfte als sehr sinnvoll erwies.



Tipps für die Umsetzung:

"Ein entscheidendes Grundelement des Projekts war es, Literaturwissenschaft als eine Form der sozialen Praxis zu etablieren. Dabei hat das Projekt u. a. gezeigt, wie wichtig bei der Wissensvermittlung sowohl die Praxisorientierung als auch ein interdisziplinärer Ansatz sein können. Des sollte auch Hauptaugenmerkt von eventuellen Nachahmer:innen sein. Konkret heißt dies, dass z. B. zur Kompetenzsteigerung und Berufsorientierung von Studentinnen und Studenten im Fachbereich Germanistik auch Formen der Produktion, Distribution und Rezeption von Literatur stärker miteinbezogen werden sollten. Zudem sollten auch fächerübergreifende Ansätze verfolgt werden, indem z. B. soziologische oder technologische Aspekte durch Gespräche mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anderer Wissensdisziplinen als Impuls bei der Betrachtung literarischer Werke aufgegriffen werden. Durch diesen Austausch entstehen nicht nur innovative Forschungs- und Gründungsideen, vielmehr wird deutlich, welche besondere Bedeutung bzw. Relevanz die Literatur besitzen kann – gerade dann, wenn es darum geht, über zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen, die durch den rasanten technologischen Fortschritt bedingt sind, nachzudenken. Aber auch generell gilt: Gerade eine intensive Kultur des fächerübergreifenden Austauschs und der Einbeziehung von Künstlerinnen und Künstler in den akademischen Diskurs, schafft – wie das Projekt gezeigt hat – neue Ansätze für Deutungen und Diskussionen. Da die Gestaltung praxisorientierter Seminare sehr zeitaufwändig und oftmals nur mit einer finanziellen Förderung möglich ist, wäre eine stetige und längerfristige Unterstützung praxisorientierter Projekte (insbesondere im Bereich der Lehre) wünschenswert, zumal auch dieses Praxisprojekt zeigt, dass es noch einige Desiderate gibt, die bei einer Weiterführung bzw. Neuausrichtung des Projekts ins Blickfeld rücken könnten: Climate Fiction, Nachhaltigkeit, Zukunft der Arbeit. Dabei könnte ein Nachfolgeprojekt sowohl auf die Vielzahl an Texten und Video- bzw. Audio-Aufnahmen, die im Rahmen des Seminars gesammelt und entstanden sind, als auch auf das 60-seitige Abschlussheft GESTALTBARE ZUKÜNFTE und das entstandene soziale Netzwerk zugreifen. "

Dr. Markus Tillmann



Veröffentlichungen zum Lehrmuster:

Im Rahmen des Projekts ist ein 60-seitiges Abschlussheft mit dem Titel GESTALTBARE ZUKÜNFTE entstanden, das sowohl eine längere Dokumentation des Innovativen Praxisprojekts als auch ergebnisorientierte und weiterührende Texte zum Thema enthält. Zudem ist in dem Magazin fusznote (Heft 15/2021), das vom Germanistischen Institut herausgegeben wird, eine längere Dokumentation über das Praxisprojekt veröffentlicht worden. Geplant ist zudem ein längerer Tagungsbericht in der nächsten Ausgabe der fusznote. Sowohl der Artikel aus der fusznote als auch das Abschlussheft können als pdf bei Markus Tillmann per E-Mail (markus.tillmann@rub.de) angefordert werden.



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Konzipierung

Kontaktperson:
Dr. Markus Tillmann
(markus.tillmann@rub.de), Fakultät für Philologie, Institut für Germanistik, Fachbereich Neuere Deutsche Literaturwissenschaft

Weitere Beteiligte:
Prof. Dr. Ralph Köhnen

Logo des Lehrmusters



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