Data Society: Cultural and Gender Perspectives across Germany, China and Taiwan (Global Classroom format)


Was zeichnet das Lehrmuster aus?

Das durchgeführte Projekt bietet Studierenden auf verschiedenen Kontinenten die Möglichkeit, anhand der vor Ort durchgeführten Mini-Forschungen zu verschiedenen Themenkomplexen im Bereich von Data Science und der damit verbundenen Interaktion und Diskussion mit den Studierenden der jeweils anderen Universitäten in der VR China, Taiwan und Deutschland dort anzutreffende Relevanzen, Haltungen und Werte zu Themen in mehr und mehr digitalisierten Gesellschaften zu erfahren. Das Global Classroom-Format fördert den direkten Austausch zwischen den Studierenden auf Basis sehr konkreter, nahbarer Fallbeispiele. Die im persönlichen Kontakt gewonnenen Einsichten werden in diesem Lernformat mit der eigenen, verkörperlichten Produktion von Wissensbeständen verknüpft, wodurch sich die Erkenntnisse deutlich vom Lernen auf Basis von Texten etc. abheben.



Fakten im Überblick:

In welcher Form existiert eine Präsenzphase?
Blockveranstaltung

In welchen Zeitraum wird das Lehrmuster durchgeführt?
Während Vorlesungszeit

Wird das Lehrmuster über einen Zeitraum von mehreren Semester durchgeführt?
Ja (3 Semester)

Welchen Umfang hat das Lehrmuster?
Creditpoints: 8
Teilnehmerzahl: 36

In welchem Studienabschnitt ist das Lehrmuster angesiedelt?
Master

In welcher Art ist das Lehrmuster curricular verankert?
Sonstiges (abhängig vom Studienprogramm entweder Pflichtmodul oder Erweiterungs- bzw. Vertiefungsmodul; Modul: Kultur und Geschlecht)

Worum geht es in dem Lehrmuster insbesondere?
Selbstständiges Arbeiten am Text / an Quellen / an Fällen / an Daten, Internationaler Austausch


Welche Zielsetzung hat das Lehrmuster?

Wie im Antrag beschrieben, soll das Projekt Studierende für transkulturelle, ethische und genderbezogene Aspekte von Data Science in einer datafizierten Gesellschaft sensibilisieren. Zudem ist es uns ein Anliegen, Studierenden eine Erweiterung der Profilbildung im Bereich Data Science anzubieten, die ethische und kulturelle Perspektiven digitaler Gesellschaften in den Fokus stellt. Darüber hinaus soll die intensive Arbeit mit Studierenden aus anderen kulturellen Kontexten dazu einladen, durch die Forschung in einem transkulturellen Kontext eigene Normen und Perspektiven auf kulturellen, genderbezogenen und ethischen Aspekten der Datafizierung sowie der Data Science sichtbar zu machen und zu hinterfragen. Außerdem wurde bedauerlicherweise im Modul xx bei Projektbeginn kein Seminar mehr angeboten, bei dem Data Science Inhalte maßgeblich zum Tragen kommen.
Durch die geplanten Miniforschungen sollen grundlegende Kenntnisse und typische Herausforderungen bei der Umsetzung ethischer Erwägungen in die Praxis im Hinblick auf Data Science und Datafizierung am Fokusbeispiel Gender exemplarisch vermittelt werden. Hierdurch erlangen die Studierenden relevante Qualifikationen für die berufliche Zukunft, unabhängig davon, ob sie in der Akademia bleiben oder in anderen Bereichen tätig sind. DEI-Konzepte sind heutzutage in einer Vielzahl von Branchen etabliert, eine entsprechende Bildung in diesem Bereich zahlt somit auf die Zukunft der Studierenden ein. Nach der Erprobungsphase hoffen wir, ein Seminarkonzept entwickeln zu können, das auch in Fächern abseits der Sozialwissenschaft genutzt werden kann, zum Beispiel in den Ingenieurswissenschaften oder der Informatik.
Der geplante Global Classroom (kurz: GC) ist ein neuartiges Studienkonzept, in dem sich Studierende aus verschiedenen Kulturen in einem hybriden Format online begegnen und dieselben Forschungsfragen in den jeweils verschiedenen kulturellen Kontexten lokal nachgehen. Die Studierende tauschen sich in transkulturellen Kleingruppen laufend über den Forschungsprozess sowie die Ergebnisse aus. Durch die fremde Blicke auf die eigene Forschung entdecken die Studierenden die kulturell spezifischen Aspekte des lokalen Gegenstandes sowie der eigenen Denkweise und lernen zudem fremde Perspektiven auf denselben Gegenstand in einer anderen Verortung. Unseres Wissens ist das Format an der Ruhr-Universität noch nicht durchgeführt worden.



Was sind wesentliche Inhalte des Lehrmusters?

Im Projekt geht es um eine vertiefte Auseinandersetzung mit Fragen um die kulturelle Spezifik von Haltungen, Werten und impliziten Vorannahmen im Zusammenhang mit mehr und mehr digitalisierten Gesellschaften. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Sensibilisierung für Ähnlichkeiten, Unterschiede und die Produktion und Perpetuierung von Ungleichheit durch digitale Daten. Das komplexe The¬ma mit seinen verwobenen ideologischen, materialen und temporalen Aspekten wird anhand dreier Themenkomplexe aufgebrochen: Die Einheit Social Media erhellt oftmals unsichtbare Politiken und Ideologien in Bezug auf verschiedene Plattformen. Die Einheit Smart City richtet den Blick insbesondere auf die unumgängliche, immanente Ausgestaltung von Beziehungen zwischen der digitaleren Stadt und ihren Bewohner:innen. Die Einheit zur regionalen Transformation rückt die Relevanz regionale historischer Kontexte und möglicher Kontinuitäten bei der digitalen Datafizierung von Gesellschaft in den Vordergrund.





Weitere Lehrmuster:

Big Data in der Windenergietechnik
E-PolSys: Digitales Politik-Lernen in der Einführungsvorlesung
Data Analytics in Accounting
Data Science for Psychologists – Integration von Machine Learning in das Modul Multivariate Verfahren





Wie ist das Lehrmuster strukturiert?

Das Seminar besteht in der Planung aus insgesamt sechs Sitzungen sowie einer Exkursion. Zwei der sechs Sitzungen – die Einführungssitzung und die abschließende Sitzung zur Reflexion über das Seminar – sowie die Exkursion werden ausschließlich mit den Studierenden der RUB vor Ort durchgeführt, die vier GC-Sitzungen werden mit den Studierenden aller teilnehmenden Universitäten zusammen hybrid durchgeführt. Alle Studierenden kommen lokal in einem Raum an der Uni zusammen und treten von dort der gemeinsamen Zoom-Sitzung online bei. Die technische Umsetzung ist dabei abhängig von den örtlichen Ressourcen.
Für die Online-Sitzungen werden drei verschiedene Miniforschungen zu vorgegebenen Themen in lokalen Gruppen bearbeitet, in der vierten Sitzung erfolgt eine gemeinsame Abschlusspräsentation. Grundformen der Zusammenarbeit im Seminar sind damit die Arbeit in lokalen Kleingruppen, die Online-Arbeit in transnationalen Kleingruppen und Diskussionen im Forum. Neben der Erschließung von Texten zum Thema und der schriftlichen Bearbeitung spezifischer Aufgaben greift das Seminar auf Methoden zurück, die insbesondere in Science and Technology Studies zur Anwendung kommen, z. B. einen Data Walk, das digitale Datenauswertungstools Voyant https://voyant-tools.org/ und eine strukturierte Exkursion. Eine weitere Besonderheit ist das sogenannte Portfolio.1 Das Format leitet versammelt die eigenen Lernergebnisse im Seminar und leitet die Studierenden zur Reflexion hier-über an. Die Teilnehmenden sammeln dafür die Bearbeitung ihrer Aufgaben in einem einzigen Dokument und beantworten anschließend spezifisch formulierte Reflexionsfragen, die die Gedanken auf spezifische Aspekte des Seminars bringen sollen. Auf dies Weise erstreckt sich das Lernen nicht nur auf das Abarbeiten von Aufgaben, sondern die Studierenden müssen sich zwangsläufig mit ihrer Position zu den kennengelernten Inhalten auseinandersetzen. Gleichzeitig verschafft uns das Portfolio damit Einblicke in die Gedankenwelt der Teilnehmenden und lässt sich damit gut für die Seminar-Evaluation mobilisieren.



Welches Prüfungsform ist in dem Lehrmuster vorgesehen?

Die Studierenden bekommen zu jeder Sitzung Aufgaben, die im zuvor genannten Portfolio zusammengefasst werden. Das komplett ‚ausgefüllte‘ Portfolio stellt neben einer aktiven Teilnahme die schriftliche Komponente des Studiennachweises dar. Es muss dafür den Anforderungen an wissenschaftliches Arbeiten genügen. Als Leistungsnachweis besteht die Möglichkeit, entweder eine Hausarbeit zu schreiben oder eine Modulprüfung über alle dem Modul zugeordneten Seminare abzulegen.



Welche E-Learning-Elemente werden eingesetzt?

Phase des Selbststudiums der Literatur – vorrangig in den Interaktionsphasen zwischen den Studierenden über verschiedene synchrone und asynchrone digitale Formate wie Videomeetings und Messengerdienste. Durch das Arbeiten in lokalen und transkulturellen (virtuellen) Kleingruppen werden Learning-Community-Elemente ins Seminar-Format integriert. Die Ergebnisse zu den Mini-Forschungen werden über ein geteiltes Online-Datenrepositorium ausgetauscht.
Die Vor- und Nachbereitungsphasen der gemeinsamen virtuellen Global-Classroom-Sitzungen erfolgen analog und dienen vorrangig der angeleiteten Reflexion zu Erwartungen und Erfahrungen in Bezug auf das angebotene Seminar. Die Exkursion erfolgt ebenfalls analog: vorrangiges Ziel dabei sind verkörperte Erfahrungen dazu, welche Weiterungen in der Universität oftmals nur abstrakt vermittelte Konzepte und Theorien im Alltag mit sich bringen.



Tipps für die Umsetzung:

"1) Global Classroom-Format
Das GC-Format ist grundsätzlich ein vielversprechendes und interessantes Lehrformat. Es erlaubt Menschen aus verschiedenen Regionen der Erde, online im Rahmen einer Videokonferenz zusammenzutreffen und während des gemeinsamen praktischen Bearbeitens von Themen die Kulturität sozio-technischer Phänomene mit dem eigenen Leib zu erfahren.
Um diese Erfahrung zu ermöglichen, bedarf jedoch einer feingliedrigen Planung der Veranstaltung bis ins Detail. Hierbei sind insbesondere auch infrastrukturelle Aspekte zu berücksichtigen, die bei der üblichen Version lokaler Lehre an der RUB gar nicht hinterfragt werden. In unserem Fall begrenzte die unterschiedliche Organisation des akademischen Jahres in der VR China und Taiwan (Trimester) und Deutschland (Semester) mögliche Zeitpunkte für das Seminar auf wenige Wochen im Jahr. Die Verortung der teilnehmenden Universitäten in weit auseinander liegenden Zeitzonen ließ die Veranstaltung nur am Vormittag zu.
Darüber hinaus sollte im Detail darüber nachgedacht werden, wie die Studierenden an der Uni vor Ort in den transkulturellen Kleingruppen miteinander arbeiten können. Hierbei sind insbesondere technische und räumliche Voraussetzungen genau zu prüfen und optimalerweise so anzupassen, dass die Studierenden eine realistische Chance haben, miteinander zu kommunizieren.
Je nachdem, in welcher Sprache das Seminar stattfindet, ist eine realistische Einschätzung der Sprechpraxis in der Sprache angebracht. Sollte freies Sprechen eine zu große Herausforderung darstellen, ist es ratsam, Alternativformate zu entwickeln, die den Studierenden erlauben, auch auf unkonventionellen Wegen miteinander zu kommunizieren.

2) Mini-Forschungen
Bezüglich der Mini-Forschungen ist zu konstatieren, dass die konkrete Aufgabenstellung, die einen direkten Bezug zum empirischen Material herstellt, insgesamt von Studierenden gut angenommen wurde. Beim Zuschnitt der Mini-Forschungen ist der jeweilige Bearbeitungsaufwand zu berücksichtigen. In Kombination mit dem GC-Format ist es außerdem ratsam, empirische Untersuchungsgegenstände anzubieten, die an allen teilnehmenden Orten in ähnlicher Form existieren. Dadurch werden die Betrachtungen auch für Studierende mit wenig Erfahrung gut vergleichbar.

3) Exkursion
Die Exkursion wurde von vielen Studierenden als ein außergewöhnliches und interessantes Erlebnis innerhalb ihres Studiums beschrieben.
Je nach dem für die Exkursion definierten Forschungsziel und der jeweiligen Seminargröße empfiehlt es sich, einige Programmpunkte im Voraus zu planen, gleichzeitig aber auch Zeit zu geben, sich vor Ort zu orientieren. Die geplanten Programmpunkte scheinen den Studierenden ein gewisses Maß an Sicherheit zu geben und erleichtern den Zugang zum Fall vor Ort.

4) Portfolio
Das Portfolio-Format hat sich als sehr geeignet erwiesen, um einerseits durch die konkretisierenden Fragestellungen zum Seminar unter Einbindung der Seminarliteratur den Blick der Studierenden auf bestimmte Aspekte zu lenken. Zugleich erlaubten die Antworten auf die ins Portfolio eingebundenen Reflexionsfragen tiefere Einblicke in die individuelle Wahrnehmung der angebotenen Seminarinhalte.
Die Portfolio-Fragen sollten die Auseinandersetzung mit Seminarinhalten anleiten. Sie können so als Hilfestellungen für die eigenen Mini-Forschungen dienen.
Um durch das Portfolio nicht nur Textinhalte reproduzieren zu lassen, sondern eine genuine Auseinandersetzung mit Themen und Inhalten zu fördern, bietet es sich an, Reflexionsfragen zu stellen. Die sollten die individuelle Wahrnehmung des Seminargeschehens ansprechen und zum tieferen Nachdenken über eigene Vorannahmen und Reaktionen anregen. Eine der ergiebigsten Fragestellungen für unser exploratives Lehrformat war die Bitte, einer befreundeten Person in einer privaten E-Mail vom Seminar zu berichten. In diesem ungezwungenen Text-Format fiel es den Studierenden offenbar relativ leicht, auch flapsige Nebenbemerkungen einzubringen, an denen sie nachfolgend ihre eigenen Gedanken explizit erörterten. Im offizielleren Setting einer Seminarsitzung bleiben bei der Nachbesprechung derlei vermeintlich unqualifizierte Nebensächlichkeiten nach unserer Erfahrung häufig unthematisiert."

Prof.`in Dr. Estrid Sørensen



Hat Ihnen das Lehrmuster gefallen? Dann setzen Sie doch ein ähnliches Lehrmuster um! Gerne beraten wir Sie hierzu. Und für Forschendes Lernen gibt es sogar eine Transferförderung. Für einen Beratungswunsch schicken Sie bitte eine E-Mail an lehrmuster@rub.de.






Konzipierung

Kontaktperson:
Prof.`in Dr. Estrid Sørensen
(estrid.sorensen@rub.de), Fakultät Sozialwissenschaft - Chair of Cultural Psychology and Anthropology of Knowledge

Weitere Beteiligte:
Sandra Abels
sandra.abels@rub.de


Weitere Informationen

Veröffentlichungsdatum:
19. Dezember 2025, 11:28 Uhr

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Fächergruppen:
Gesellschaftswissenschaften


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