Sprache 4.0 — Digitale Kompetenzen für China


Was zeichnet das Lehrmuster aus?

Digitale Medien eröffnen im modernen universitären Unterricht neue Möglichkeiten des Lernens und Lehrens, erfordern aber auch neue Kompetenzen im Umgang mit den damit verbundenen digitalen Informationstechnologien. Auch der Fremdsprachenunterricht zielt mehr und mehr auf digitale Kompetenzen ab, und zwar nicht nur in Form von zusätzlichen Hilfsmitteln und didaktischen Instrumenten beim Erwerb der jeweiligen Fremdsprache, sondern auch hinsichtlich kultureller Kompetenzen mit Blick auf eine neue, umfassende Lebenswirklichkeit, wie sie sich in den betreffenden Gesellschaften herausgebildet hat und fortwährend weiterentwickelt. Diese Kompetenzen sollen in den auf China bezogenen ostasienwissenschaftlichen Studienprogrammen der Ruhr-Universität Bochum integraler Bestandteil der Ausbildung werden, in der Überzeugung, dass die Studierenden unserer Studiengänge im Rahmen ihrer Beschäftigung mit China wie auch im späteren Berufsleben davon sehr profitieren.



Fakten im Überblick:

In welcher Form existiert eine Präsenzphase?
Einzeltermine

In welchen Zeitraum wird das Lehrmuster durchgeführt?
Während Vorlesungszeit

Wird das Lehrmuster über einen Zeitraum von mehreren Semester durchgeführt?
Ja

Welchen Umfang hat das Lehrmuster?
Creditpoints: 10
Teilnehmerzahl: 60
Das Projekt bezieht sich auf mehrere Veranstaltungen der Module Modernes Chinesisch auf allen Niveaustufen. Die Teilnehmerzahlen reichen von derzeit ca. 80–100 bei den Anfänger*innen bis hin zu ca. 5–10 Studierenden in der Masterphase. In den ersten vier Semestern werden für die betreffenden Module jeweils 10 CP vergeben, in den höheren Semestern sind es 9 CP.

In welchem Studienabschnitt ist das Lehrmuster angesiedelt?
Bachelor (Grundlagenphase), Bachelor (Profilierungsphase), Master

In welcher Art ist das Lehrmuster curricular verankert?
Pflichtmodul, Wahlmodul

Worum geht es in dem Lehrmuster insbesondere?
Sonstiges (die Aktualisierung von Inhalten und Kompetenzen im Sprachunterricht Chinesisch (Anpassung an die digitalisierte Lebenswirklichkeit in China))


Welche Zielsetzung hat das Lehrmuster?

Das Strategieprojekt der Fakultät für Ostasienwissenschaften sieht vor, neuartige didaktische Konzepte zur Vermittlung von Digitalkompetenz speziell für den chinesischsprachigen Raum zu entwickeln und mittelfristig in allen bereits bestehenden Modulen Modernes Chinesisch der Fakultät für Ostasienwissenschaften zu verankern. Der turnusmäßige Sprachunterricht Chinesisch, der einen Umfang von 49 CP im Bachelor- und 9 CP im Masterbereich einnimmt und für alle Studierenden verpflichtend ist, erscheint dafür als der natürliche Ort für die Vermittlung.

Übergeordnetes Ziel der geplanten Digitalisierungsmaßnahme ist es, die Studierenden zum souveränen Umgang mit digitalen Technologien speziell in chinesischen Kontexten sowie zur Beurteilung von Potenzialen und Auswirkungen der Digitalisierung in ostasiatischen Gesellschaften und Arbeitswelten, insbesondere Festlandschina und Taiwan, zu befähigen, so dass sie mit der veränderten Veränderungsdynamik schritthalten können.

Neben den zu erwerbenden sprachlichen Kompetenzen sollen die Studierenden so auch in die Lage versetzt werden, sich auch über das chinesische (und nicht nur das deutsch- oder englischsprachige) Internet selbst Wissen zu den kulturellen und politischen Räumen China und Taiwan anzueignen, um den eigenen Lernprozess effizient zu gestalten oder ihr bereits gewonnenes Wissen aufbereiten und mitteilen zu können. Sie sollen die Veränderungen durch die Digitalisierung in Gesellschaft und Arbeitswelt beurteilen und mögliche Konsequenzen für diese Bereiche einschätzen lernen, um sich in der chinesischen digitalen Welt sicher zu bewegen, sich Informationen zu beschaffen, diese sinnvoll zu filtern und unterschiedliche digitale Medien mit ihren speziellen kommunikativen und technischen Anforderungen zu nutzen.



Was sind wesentliche Inhalte des Lehrmusters?

Durch den Einsatz digitaler Ressourcen im Unterricht werden die Studierenden zudem für die Frage sensibilisiert, welchen Einfluss die Digitalisierung auf die Gesellschaft im Allgemeinen und speziell die Gesellschaften in Ostasien ausübt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere an die Besonderheiten der Nutzung von sozialen Netzwerken oder die Alltäglichkeit des Onlineshoppings und des bargeldlosen Bezahlens in China zu denken. Die Studierenden lernen zu beurteilen und zu erkennen, inwiefern politische Interessen mit alltäglichen Digitalisierungsprozessen verknüpft sein können, so wie dies in China für das Social Credit System oder die Quasi-Monopole bei Instant-Messaging-Produkten (Tencent QQ), Chat-Diensten (WeChat), bargeldlosem Bezahlen (Alipay) und dem Onlineshopping (Alibaba, Taobao) der Fall ist.





Weitere Lehrmuster:

Sprache 4.0 — Digitale Kompetenzen für China
Perspektivenübernahme hoch zwei: Studenten übernehmen die Perspektive des Wissenschaftlers und untersuchen Perspektivenübernahme bei Kindern
Forschendes Lernen und multimodale Textanalyse
Sozialwissenschaftliche Erkundungen zu Islamfeindlichkeit und Rassismus





Wie ist das Lehrmuster strukturiert?

Um eine umfassende Digitalkompetenz in einer Zielsprache zu entwickeln, ist es nicht damit getan, digitale Hilfsmittel im Unterricht lediglich vorzustellen und auf deren Möglichkeiten hinzuweisen. Aufgrund der sprachlichen Distanz, des rasanten technologischen Fortschritts und der damit verbundenen Komplexitäten soll die Kompetenzbildung für chinesische digitale Ressourcen schon frühzeitig im Sprachunterricht angegangen werden, um ihr dann ab dem 3. Fachsemester einen hohen Stellenwert einzuräumen.

Ausgangspunkt der Überlegungen war der „Medienkompetenzrahmen“ des Landes Nordrhein-Westfalen als zentrales Instrument einer systematischen Medienkompetenzvermittlung. Die dort aufgeführten didaktischen Elemente sollen im Rahmen der Module Modernes Chinesisch sukzessive berücksichtigt werden, darunter beispielsweise der Aufbau und die Bedienung von chinesisch beschrifteten Browsern, Bezeichnungen für die entsprechenden Geräte, Anwendungen, Begriffe und Funktionen, Spam und Viren im chinesischsprachigen Internet, Formen des Internetbetrugs im ostasiatischen Kontext, Einschränkungen des Internets und staatliche Kontrollmaßnahmen; Suchmaschinen aus China, Werbung und Einkauf auf ostasiatischen Plattformen, Smartphone- und Computer-Apps; soziale Netzwerke, Chatten und Texten mit chinesischen Kommunikationspartnern; Filme, Videos und Musik aus und für China/Taiwan, Urheberrechtsregelungen etc.

In Bochum verfügt eine Reihe von Lehrenden bereits über praktische Erfahrungen bei der Entwicklung digitaler Lehr- und Lernformate. Diese Erfahrungen konnten genutzt werden, um geeignete didaktische Elemente zu entwickeln.

In einer kurzen Vorbereitungsphase wurden zunächst mögliche Digitalisierungsmaßnahmen für den universitären Chinesischunterricht ermittelt und bewertet. Der Auftakt erfolgte mit einem Workshop unter Einbeziehung aller Chinesisch-Lektor*innen sowie anderer Verantwortlicher aus den affinen ostasiatischen Fremdsprachen Japanisch und Koreanisch, darunter Studiengangsleiter*innen, der Studiendekan, weiteres fachkundiges Lehrpersonal und ausgewählte Studierende. Der Workshop bildete den Ausgangspunkt für eine systematische Überarbeitung der Sprachmodule im Hinblick auf berufliche und wissenschaftliche Kontexte und die Ausbildung einer spezifisch ostasienbezogenen Digitalkompetenz.

Zielgruppe der Maßnahmen waren sowohl Studierende als auch Lehrende – denn der souveräne Umgang mit den Herausforderungen der digitalen Welt erfordert digitalen Kompetenzerwerb auf beiden Seiten. Die Koordination während der Projektförderphase und darüber hinaus lag und liegt in den Händen der Kollegin Frau LIU Mi, die auch einen Großteil der konkreten didaktischen Elemente für die neu zu strukturierenden Module, inklusive Lehr- und Lernmaterialien, konzipiert hat.



Welches Prüfungsform ist in dem Lehrmuster vorgesehen?

Im Unterricht Modernes Chinesisch II finden digitale Lernkarten Verwendung, mit deren Hilfe in Anlehnung an klassische Prüfungsformen in der ersten Veranstaltungswoche Wort- und Zeichenkenntnisse überprüft wurden, um so den Lernstand zu messen.

In Modernes Chinesisch III und IV werden digitale Lernkarten eingesetzt, um semesterbegleitend den Umfang des erlernten Lexikons, die Fähigkeit zur Bildung von Sätzen und das Hörverstehen zu überprüfen. Am Semesterende müssen alle Studierenden eine mündliche Präsentation abhalten und sich einer Abschlussklausur unterziehen.

Die Übung Modernes Chinesisch V setzt unter anderem auf ein wöchentlich stattfindendes Tandem per Zoom und Google Meet mit Partneruniversitäten aus China bzw. Taiwan. Die RUB-Teilnehmer/‑innen bereiten Präsentationen vor und führen moderierte Diskussionen auf Chinesisch zu ausgewählten Themen. Die Veranstaltung schließt mit einer mündlich-schriftlichen Abschlussprüfung ab.



Welche E-Learning-Elemente werden eingesetzt?

Zum Einsatz kommen unter anderem digitale Lernkarten, die mit Hilfe der Software Anki erstellt wurden, sowie selbsterstellte Tonaufnahmen auf Moodle und OpenRUB und selbsterstellte Lernvideos auf YouTube. In der Veranstaltung Modernes Chinesisch V werden komplette digitalisierte Kursinhalte auf Moodle eingestellt. Regelmäßig werden interaktive Lernvideos auf Basis von H5P erstellt, die dann auf Moodle hochgeladen werden.



Tipps für die Umsetzung:

"Wichtige Aspekte für die Anreicherung und Umstellung des chinesischen Sprachunterrichts an der Universität sind aus unserer Sicht zum einen Investitionen in Nachhaltigkeit (bspw. in Form von Weiterbildungsmaßnahmen für Lektor*innen, Hilfskräfte und andere Projektbeteiligte; oder des Kaufs geeigneter Software) und die Kooperation auf mehreren Ebenen, d. h. auch die aktive Einbeziehung von Studierenden (hier im konkreten Fall zum Stand der Nutzung digitaler Hilfsmittel und zu bereits vorhandenen digitalen Kompetenzen). Auch Absolvent*innen, die in chinabezogenen Sektoren der Wirtschaft arbeiten und/oder in China oder Taiwan tätig sind, wurden zur beruflichen Nutzung digitaler Kompetenzen befragt. Bereits zu Beginn des Projekts, im März 2022, fand zu diesem Zweck ein erstes Treffen mit Studierenden der Veranstaltungen Modernes Chinesisch II und IV in Form eines Workshops statt. In offener Runde wurde über Themen gesprochen, die die Studierenden in Bezug auf die Digitalisierung in China interessieren. Ergebnis des Treffens waren Themenvorschläge zu-sammen mit Überlegungen, zu welchem Zeitpunkt im Verlauf der sprachvermittelnden universitären Veranstaltungen diese am besten zu implementieren seien.
Ferner wurden und werden regelmäßige Kontakte zu Sprachlehrenden innerhalb der Fakultät wie auch mit Lehrenden anderer Universitäten in Deutschland, China und Taiwan unterhalten, um Erfahrungen zu teilen und neue Impulse zu bekommen. Ein aktiver Austausch besteht auch mit dem Landespracheninstitut in der Ruhr-Universität Bochum, welches Erfahrungen zum Bereich des Mobilen Lernens beisteuern kann und mit dem die Ostasienwis-senschaften bereits bei der Konzeption und Implementierung eines fortgeschrittenen Online-Lesekurses für ostasiatische Sprachen in den Masterprogrammen zusammenarbeiten.
Als besonders fruchtbar hat sich die Erstellung von Videos unter Einbeziehung von Studierenden unserer Partnerinstitutionen in China und Taiwan erwiesen, die von unseren Studie-renden wie auch von Studierenden der Nanjing Normal University zu Themen wie „Essen in Mensen an der RUB und an der NNU“, „Digitales Bezahlen in den Mensen“, „Die RUB-App“, „Check-in in Wohnheimen der NNU via App“ und „Einkaufen im chinesischen Internet“ erstellt wurden.

Eine besondere Hürde bei der Entwicklung von digitalen Lernmaterialien sind die rechtlichen Aspekte, die es aufs Genaueste zu beachten gilt (Copyright, Bildrechte, Persönlichkeitsrechte usw.). Es wird empfohlen, bereits vor der Erstellung von Lernmaterialien die Kriterien für die CC-BY-Lizenz in all ihren Dimensionen zu bedenken und zu berücksichtigen, um späteres Nachjustieren zu vermeiden.
Beim internationalen Lehraustausch und der Beauftragung ausländischer Studierender, insbesondere aus distanten Sprach- und Kulturregionen, ist zu berücksichtigen, dass viele Vorstellungen, Phänomene, Organisationsabläufe und Freiheiten, die in Deutschland selbstverständlich scheinen mögen, sind im Ausland nicht unbedingt unproblematisch sind. Die Bevölkerung der Volksrepublik China zeigt sich zwar in ihrer Gesamtheit als sehr internetaffin. Neuerungen und Neuigkeiten im Alltag und im Berufsleben verbreiten sich dort in der Regel sehr schnell auf digitalem Wege. Dem steht eine scharfe Kontrolle der Internetinhalte durch die Behörden gegenüber. Umgekehrt, oder vielleicht gerade wegen der allgegenwärtigen Kontrolle und Präsenz von Überwachungssoftware, bringen chinesische Kooperationspartner nicht unbedingt die Sensibilität gegenüber Persönlichkeitsrechten mit, deren Beachtung bei Foto- und Videoaufnahmen und deren Verbreitung im deutschen Rechtsraum unabdingbar ist.
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Prof. Dr. Rüdiger Breuer



Veröffentlichungen zum Lehrmuster:

Sämtliche Lehr-/Lernmaterialien, Poster, PowerPoint-Präsentationen und Lernvideos, die während der Zeit der Projektförderung entstanden sind und entstehen, wurden und werden unter den Lizenzen „CC BY-SA 4.0“, „CC BY“ oder „CC 0“ im OER-Bereich des Online-Landesportals „Open Resources Campus NRW“ (ORCA.nrw) der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt.

Bereits im Februar wurde auf der Online-Video-Plattform YouTube ein Account mit dem Namen Haohao de shenghuo 好好的生活 (etwa „Das schöne Leben“) angelegt, in dem ab März 2022 von der Projektleiterin verschiedene Videos hochgeladen wurden, darunter für Studierende der Veranstaltung Modernes Chinesisch I Übersetzungs- und Schreibübungen sowie ein Video mit chinesischen Rezepten für Studierende von Modernes Chinesisch II, das als Übung zur Stärkung des Hörverstehens dienen soll. Außerdem wurde ein Werbevideo für das, ebenfalls unter der Leitung der Projektleiterin entstandene, digitale Hilfsmittel Shouki veröffentlicht. Die Videos verstehen sich, neben ihrem sprachdidaktischen Nutzen, auch als Angebot, sich mit den besprochenen Inhalten auseinanderzusetzen.

Zu Beginn des Projekts im März 2022 traf die Projektleiterin, Frau Liu, Absprachen mit Studierenden des Fachbereichs Germanistik an der Pädagogischen Hochschule Nanjing (Nanjing Shifan Daxue 南京师范大学, engl. Nanjing Normal University, NNU), die im April in einen gemeinsamen Workshop mit Studierenden der Ruhr-Universität Bochum führten. Ziel war die Erstellung von einer Reihe von kurzen Videos zu Lernzwecken in der Zeit bis September 2022, die um vorher abgesprochene Themen kreisen, wie bspw. das Essen in den Mensen der Ruhr-Universität Bochum und der NNU, das digitale (NNU) vs. kartengebundene (RUB) Bezahlen in den Mensen sowie die Situation der Wohnheime.



Hat Ihnen das Lehrmuster gefallen? Dann setzen Sie doch ein ähnliches Lehrmuster um! Gerne beraten wir Sie hierzu. Und für Forschendes Lernen gibt es sogar eine Transferförderung. Für einen Beratungswunsch schicken Sie bitte eine E-Mail an lehrmuster@rub.de.






Konzipierung

Kontaktperson:
Prof. Dr. Rüdiger Breuer
(ruediger.breuer@ruhr-uni-bochum.de), Fakultät für Ostasienwissenschaften

Weitere Beteiligte:
LIU Mi
Lektorin für Modernes Chinesisch
mi.liu@ruhr-uni-bochum.de


Weitere Informationen

Veröffentlichungsdatum:
04. Oktober 2023, 09:42 Uhr

Schlagwörter:
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Fächergruppen:
Geisteswissenschaften, Gesellschaftswissenschaften